Fotos: Wiltrud Spiecker
Das tun wir gegen den Vogeltod
Es gibt hervorragende weiterführende Seiten zu dieser Thematik, z.B. aus Österreich und aus der Schweiz.. Wenn das Bauwerk bereits steht, steckt der Karren schon im Dreck - jeder Versuch, nachträglich etwas zu ändern, stößt auf erheblichen Widerstand. Wir versuchen mit Hilfe unseres kurzen Faltblatts (s.u.), im Vorfeld aufzuklären.
An der verspiegelten Fassade der Firma Envola (Bild: Ansicht von Süden) kamen seit Frühsommer 2020
viele Vögel zu Tode (Fotos 2 und 3 ganz oben: 1 Hausrotschwanz, 1 Stieglitz). Der Eigentümer weigerte sich, die gefährlichen Spiegelelemente zu verhängen. Die Stadt hatte ihm das zur
Auflage gemacht, weil die Spiegelelemente an diesem Gebäude überhaupt nicht genehmigt worden waren. Beantragt und genehmigt waren Holzpaneele.
Als Reaktion auf unsere Meldung beim Umweltamt hat der Eigentümer im September 2020 die großen Fensterflächen im Erdgeschoss flächendeckend von außen mit schwarzen Lochfolien beklebt. Weiter
geschah zunächst nichts, da der Eigentümer behauptete, nur hier fänden die tödlichen Anflüge der Vögel statt. Die Gefahr an den Fenstern sank immerhin durch die Beklebung erheblich ab.
An den Spiegelflächen am Obergeschoss jedoch wurden lediglich Kameras montiert. Sie sollten
beweisen, dass hier keine Vögel anprallten. Dies nannte der Eigentümer "Kameraüberwachung zu wissenschaftlichen Zwecken im Vogelschutz". Solch ein "Monitoring" ist ein nicht genehmigtes
Tierexperiment, mit dem Zeit geschunden werden sollte. Die bis dahin dokumentierten, z.T. unmittelbar tödlichen Unfälle von Vögeln an den Spiegeln reichen ihm nicht zu schadensmindernden
Maßnahmen.
Die Stadt Ulm zog dann dankenswerterweise vor das Verwaltungsgericht Sigmaringen, um die Vorgänge zu
beschleunigen. Anfang November 2020 brachte der Eigentümer ein Punktmuster auf die Spiegelflächen auf, das auch nach Auffassung des österreichischen Sachverständigen der "Wiener
Umweltanwaltschaft" Unfälle mit Vögeln wirksam verhindern müsste.
Eine solche Umweltanwaltschaft sollte auch bei uns eingerichtet werden!
Dieser Fall wurde glücklich gelöst. Bei vielen dauert es sehr viel länger. Unten zwei ältere
Beispiele, in denen sich langsam eine "Lösung" abzeichnet, eine echte und eine, die die Zeit geschaffen hat.
Es
gibt sicherlich auch in Ulm /Neu-Ulm wesentlich mehr problematische Bauten als nur diese beiden, aber an dieser Stelle sollen sie eingehender beschrieben werden, stellvertretend für viele
andere.
Im Sommer 2005 erhielten wir Hinweise auf zwei Glasbauten, an denen eine besonders große
Unfallgefahr für Vögel besteht. Wir versuchten lange, diese Gefahrenquellen zu entschärfen.
Eins der beiden "Bauwerke" war ein Glas-Buswartehäuschen, wie sie die SWU überall aufgestellt
haben.
Glas-Wartehäuschen sind überall im Lande gebräuchlich. Es heißt, der Passagier will durchsichtige Unterstände, anders fühle er sich nicht sicher. Mit dieser Begründung wiesen die Stadtwerke bis
2020 alle Änderungswünsche ab.
Dieses Wartehäuschen an der "Wendeschleife" in Mähringen hat einen außerordentlich ungünstigen Standort: zwischen zwei Gebüschen in ruhiger Lage. Die Vögel wollten vom einen Gebüsch zum anderen
fliegen und prallten in voller Fahrt gegen das unsichtbare Hindernis. Die aufgeklebten Greifvogel-Silhouetten (sind auf dem Foto!) waren so wenig sichtbar, dass ihre ohnehin nur geringe
Scheuchwirkung hier völlig versagte. Man hätte die Glasflächen z.B. mit Punktraster-Folie bekleben können, wie sie allenthalben auf den Bussen verwendet wird. Die Schutzwände wären noch
durchsichtig genug gewesen, dass sich kein böses Gelichter dahinter verbergen kann, und wären trotzdem für Vögel ungefährlich. Die Stadtwerke ließen sich nicht darauf ein.
Doch jetzt ist alles anders. Im Zuge des Baus der Straßenbahnlinie 2 versprachen die Stadtwerke, deren neue Wartehäuschen mit gemusterten Glasscheiben auszurüsten. Die ersten Modelle 2018 waren noch ziemlich enttäuschend. Wir konnten aber zusammen mit einem Mitarbeiter der SWU die Ausführung wesentlich verbessern und inzwischen werden auch die älteren Wartehäuschen nach und nach mit ganzflächig gemusterten Glaswänden ausgestattet.
Das andere Bauwerk ist die Klinikverwaltung auf dem Eselsberg (auch erstes Foto ganz oben), Albert-Einstein-Allee 29. Die großen Büro-Fenster sind dabei offenbar relativ harmlos - das Hauptproblem hier ist der Innenhof, etwa 10 mal 10 Meter groß, kiesbestreut und rundum von Glaswänden begrenzt. Dahinter verlaufen die Flure des Gebäudes, die auf der anderen Seite ebenfalls Glaswände haben. An zwei Fronten scheint ein direkter Durchflug möglich und immer wieder prallten Vögel dagegen. Vögel, die von oben in den Innenhof gelangten, flogen regelmäßig gegen die Glaswände, wenn sie ihn wieder verlassen wollten (oben eine Kohlmeise). Wir konnten nicht ständig Streife gehen, aber 2007 z.B. fanden wir 10 tote Vögel vor den Glasflächen, davon die meisten im Innenhof. Sie wurden dann vom Hausmeister weggeräumt. Außen besorgten das nach mehr oder weniger kurzer Zeit Füchse, Krähen und andere Aasfresser.
Man hätte den Innenhof mit einem Volierennetz nach oben abdichten können, damit hätte man die schlimmste Falle entschärft. Mit diesem Vorschlag stießen wir auf taube Ohren. Inzwischen löste sich
das Problem "von selbst": Wo bisher Gebüsch und ein Wäldchen standen, wurde die "Neue Chirurgie" des Klinikums am Eselsberg errichtet. Es gibt nun viel weniger Vögel dort.